Wie Sie andere von Ihren Stärken überzeugen, ohne angeberisch zu wirken

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von Stärken überzeugen Mann
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Die eine Sache ist, die eigenen Stärken zu kennen. Die andere ist, anderen davon zu erzählen und sie damit zu überzeugen – sei es in Karrieregesprächen, Bewerbungssituationen oder Kundenmeetings.

Gerade die eher introvertierten oder bescheidenen Menschen fürchten beim Selbstmarketing, dass die anderen sie schnell für Angeber, Egomanen oder unangenehme Dampfplauderer halten.

Trotzdem gehört es zu den grundlegenden Sozialkompetenzen im Job, sich selbst zu beschreiben und im richtigen Augenblick in ein positives Licht setzen zu können. Wenn Sie Ihre Stärken nicht klar kommunizieren, können Sie auch nicht erwarten, dass andere sie deutlich sehen!

Was ist also eine elegante Art, den eigenen Mehrwert rüberzubringen, ohne dabei wie ein Aufschneider zu wirken?

 

Zum Beispiel Carl, der “Bogenschütze”

Einer meiner Bekannten, nennen wir ihn Carl, ist gerade zweimal bei Beförderungsrunden übergangen worden. Daraufhin bewarb er sich bei mehreren anderen Unternehmen, die ihn auch zu Interviews eingeladen haben. Doch dort landete er bisher ebenfalls keinen neuen Job. 

Carl ist hochtalentiert, sehr systematisch, immer konzentriert und liefert Top-Ergebnisse ab. Dabei ist er eher leise und beobachtend. Er hört erst mal zu, bevor er spricht.

Er hat den Stärken-Test von WIE DIE WELT DICH SIEHT gemacht: Seine beiden stärksten Vorzüge sind TIEFGANG und WACHSAMKEIT. Er ist ein typischer Vertreter des Archetyps „Bogenschütze“. Er zielt ruhig und sorgfältig, bevor er schießt. Und trifft dann genau ins Schwarze. Es ist eine absolute Bereicherung, ihn im Projekt zu haben!

Aber es ist ihm unangenehm, sich und seine Leistungen in den Vordergrund zu stellen. Er überzeugt lieber durch wohlüberlegte Lösungen und zielgerichtetes Handeln. Nur punktet er damit eben zu wenig, wenn es um Beförderungen oder Jobangebote geht. Denn in diesen Gesprächssituationen geht es natürlich stark auch darum, den eigenen Mehrwert schnell, prägnant und selbstsicher zu kommunizieren.

 

„Das liegt mir einfach nicht“

Schon oft habe ich mit ihm darüber gesprochen, dass er seine Karrierewünsche und seinen Wertbeitrag offensiver ansprechen muss, wenn er die Entscheider von sich überzeugen will. Doch genau das fällt ihm so schwer. Es entspricht einfach nicht seinem Naturell, selbstbewusst all seine Vorzüge aufzuzählen und „sich anzupreisen“.

Aber er will unbedingt vorankommen, anspruchsvollere Aufgaben übernehmen und sein hervorragendes Können unter Beweis stellen. Was kann er also tun?

 

Weniger direkt über sich selbst sprechen ….

Was aus unserer Erfahrung bei mynds Consulting heraus bei dieser Problemstellung sehr gut funktioniert, ist nicht direkt über das eigene Ich zu sprechen.

Alle Sätze, die mit „Ich kann sehr gut …“ oder „Ich habe vor allem die folgenden Stärken…“ oder „Ich bin insbesondere …“ beginnen, fühlen sich für die eher introvertierten Menschen meist unangenehm und fast peinlich an. Sogar wenn sie sich dazu durchringen, diese Sätze zu sagen, wirken sie nicht sonderlich überzeugungskräftig. Das Unwohlsein dringt immer durch.

 

… und dafür mehr über den Mehrwert, den man anderen bietet

Wesentlich einfacher ist es, das Spotlight nicht auf das eigene Können zu richten, sondern auf den Nutzen, den man anderen damit bringt.

Zum Beispiel kann man statt „Ich kann sehr gut Zusammenhänge analysieren.“ auch sagen: „Meine Analysen helfen in Projekten dabei, die wesentlichen Zusammenhänge von vorherein immer gut im Blick zu haben.“ oder „Wenn Sie komplexe Aufgaben haben, dann helfen meine systematischen Analysen dabei, Klarheit zu schaffen und viele Probleme schon im Ansatz zu verhindern.“

Diese Aussagen gehen Carl leichter von den Lippen als die „Ich“-Sätze. Sie fühlen sich nicht so ego-zentriert an.

Und gleichzeitig sind solche Botschaften extrem wirkungsvoll! Denn sie signalisieren ganz deutlich, dass man nicht nur sich selbst im Blick hat, sondern vor allem den Erfolg des Gegenübers.

 

Voraussetzung: Sich über den eigenen Nutzen für andere klar sein!

Diese Art der Selbstvermarktung ist allerdings etwas anspruchsvoller, als nur die eigenen Stärken aufzuzählen. Sie setzt voraus, dass man nicht nur die eigenen Vorzüge analysiert hat, sondern auch die besonderen Herausforderungen seines Gegenübers versteht und aufzeigen kann, welchen Nutzen der andere von den Stärken hat, die man einbringt.

Aber diese Analyse ist ja gleichzeitig etwas, was z.B. den TIEFGANG und WACHSAMKEIT Typen eher leichtfällt. Und damit besitzen sie einen ganz entscheidenden Wettbewerbsvorteil!

 

Was die Unternehmen tun können

Entscheider tendieren bei Jobentscheidungen oft dazu, selbstbewusst auftretende Extrovertierte zu bevorzugen, auch wenn die Anforderungen einer Aufgabe eigentlich eine ausgewogene Kombination an Stärken verlangen. Das führt dann leicht dazu, dass die tatsächlichen Ergebnisse eines Teams den Ansprüchen hinterherhinken.

Wie kann man dieser Einseitigkeit vorbeugen? Zwei Tipps dazu:

    • Vermitteln Sie den Entscheidern den hohen Wert von Diversität im Team und sensibilisieren Sie sie für die Gefahren von „Unconscious Bias“ beim Thema Introvertiertheit und Bescheidenheit. Nur mit einem breiten Mix an Persönlichkeiten kann auch ein breiter Mix an Herausforderungen bewältigt werden!

     

    • Helfen Sie Ihren „leiseren“ High Potentials dabei, selbstsicherer über ihren Mehrwert zu sprechen. Viele Organisationen setzen hier bereits sehr erfolgreich gezielte „Personal Branding“ Workshops ein.

     

    Je besser ein Unternehmen es versteht, ALLE Talente seiner Mitarbeiter*innen zu nutzen und zu fördern, desto erfolgreich wird es beim „War for Talent“ oder bei Innovations-Initiativen sein!

     

    Wo Sie selbst anfangen können

    Natürlich sollten Sie nicht darauf warten, dass jemand anders etwas für Sie tut oder Ihre Chefs oder Kunden sich ändern. Sie selbst müssen mit der Veränderung beginnen!

    Und das bedeutet eben auch, die eigene Komfortzone zu verlassen und auch mal etwas auszuprobieren, das sich nicht auf Anhieb angenehm und vertraut anfühlt.

    So ist es auch bei Carl: Er muss sich entscheiden. Wenn er beruflich vorankommen will und „aufsteigen“ will, dann muss er natürlich ein paar Spielregeln für die Karriere einhalten bzw. lernen. Und das bedeutet eben auch, andere von sich zu überzeugen und als Förderer zu gewinnen.

    Dafür braucht es nicht unbedingt die „laute“ Art der Selbstvermarktung. Es gibt viele elegante Wege, wie Sie andere von ihren Stärken überzeugen können – indem Sie eher sachorientiert vor allem über den Nutzen und Mehrwert Ihres eigenen Beitrags sprechen!